Mein zweites Leben ist vier Jahre alt

4 min. Lesezeit

Zuletzt aktualisiert am 26. April 2022 um 20:01

Vor genau vier Jahren wurde ich um sieben Uhr morgens in den Operationssaal geschoben und habe ihn erst gegen Mitternacht wieder verlassen. Die Zeit um diesen Termin berührt mich auch heute immer noch. Ich erwähne oft, dass dieser Tag für mich als Beginn meines zweiten Lebens gilt.
Schon vor einem Jahr habe ich hier am Blog ein wenig Einblick auf meine Erlebnisse rund um meine Krebserkrankung gegeben und war sehr erstaunt, welche Resonanz dieser Blogbeitrag erhielt. Nicht nur, dass er zu den meistgelesenen Blogposts zählt, auch die vielen Zuschriften haben mich überwältigt. Deshalb möchte ich den heutigen Tag dazu verwenden, einen kleinen Rückblick auf das vergangene Jahr zu geben. Es hat sich viel getan in diesen 12 Monaten vor allem rund um den Blog. Und das waren ausschließlich positive Ereignisse.
Ich war auf zahlreichen Bloggerveranstaltungen, in Berlin, in Frankfurt, in Hamburg und in München. Und ich war ein Teil des Organisationsteams von Salt and the City, unserem Bloggerevent in Salzburg. Diese Veranstaltung hat mich über lange Monate täglich begleitet und sehr viel Freude in mein Leben gebracht, auch wenn sie so manche Strapaze eingeschlichen hatte.
Ich war auf diversen Messen unterwegs und war überhaupt viel auf Reisen und habe eine große Zahl an neuen, interessanten Menschen getroffen.
Letzten Winter bin ich durch Zufall auf eine österreichische Bloggerplattform gestoßen, auf der ich nun seit Dezember Erlebnisse rund um meine Krebserkrankung und Dinge dich mich bewegen, schreibe. Seit kurzem bin ich auch mit meinem zweiten Blog, claudiaontour, der im Bereich Reisen , Ausflüge und Gastronomie angesiedelt ist, und auf dem ich Geschichten von unterwegs erzähle, online gegangen. Obwohl ich nun bald drei Jahre in der Blogosphäre herumstreife, bin ich dort ein absoluter Newcomer und muss mich neu etablieren. Ich schätze es sehr, dass man unter den Travelbloggern unglaublich viel Unterstützung erfährt.
Daneben hat sich auch eine schöne Zusammenarbeit mit dem SalzburgerLand entwickelt, da man mein Projekt barrierefrei essen sehr unterstützt. Ich wende mich seit letzten Herbst vermehrt auch an die Gastronomie, um auf die Problematik für Menschen mit Kau- und Schluckstörungen hinzuweisen.
Gesundheitlich war das Jahr leider nicht sehr erfolgreich. Im September letzten Jahres gab es einen großen Alarm um eine Neuerkrankung. Das MRI zeigte im ehemaligen Tumorgebiet ungeklärte Schatten, die auf einen neuerlichen Tumor, dieses Mal am Kiefer hinwiesen. Das hatte zur Folge, dass ich mich bis  März wieder in eine sehr enge Vorsorge begeben musste. Alle drei Monate MRI und Pet-CT, Biopsien und Klinikaufenthalte, bis endgültig geklärt war, dass es sich um einen Fehlalarm handelte.
Die Aussicht, den halben Unterkiefer zu verlieren und wieder monatelang in der Klinik zu verbringen , war wahrlich nicht sehr prickelnd. Erstaunlich ist für mich, wie schnell man sich trotzdem von derartig negativen Erfahrungen erholen kann.
Kaum war dieses Kapitel abgeschlossen, stellte man beim letzten Pet-CT fest, dass offenbar in der Lunge Einschlüsse vorhanden sind. Auch nicht prickelnd. Man vermutete, dass diese Einschlüsse von einer ständigen Aspiration herrühren würden. Ja, ich verschlucke mich des Öfteren, wenn ich beim Essen nicht vorsichtig genug bin. Also stand der nächste Untersuchungsmarathon an. Es stand auch eine neuerliche Magensonde im Raum. Das wäre für mich eine besondere Niederlage gewesen und hätte meinen jahrelangen Kampf um halbwegs normale Nahrungsaufnahme zugrunde gerichtet.
Man stellte schließlich einen Pilz in der Lunge fest, der von einem schleichenden Wasserschaden, der wiederum einen versteckten Schimmelbefall genau hinter dem Bett verursachte, stammte. Mit einer medikamentösen Behandlung war der Spuk schnell beendet. Doch damit nicht genug. Zwischendurch begannen, trotz bester Zahnpflege, die verbliebenen Zähne im Unterkiefer zu zerbröckeln. Trotz verzweifelter Versuche diese zu erhalten, gaben sich meine behandelten Ärzte geschlagen und auch die restlichen Zähen mussten entfernt werden. Das große Problem dabei ist, dass man in einen bestrahlten Kiefer nur sehr schwer Implantate setzen kann. Das wird nun im September probiert und ich bin guter Hoffnung, dass ich ab Frühling dann wieder so essen kann, wie vor dieser Misere. Denn seit Monaten bin ich vorwiegend wieder auf breiige Kost angewiesen, und das ist nicht gerade sehr erbauend. Es ist zumindest ein Ende absehbar.

Ich bin trotz dieser Malaisen sehr zufrieden und glücklich, weil die Bilanz mehr als positiv ist und ich in das letzte Jahr der Remission blicke. Dies bedeutet, dass ich mir ganz sicher bin, heute in einem Jahr als geheilt zu gelten.

Lächle, denn es kostet nichts!

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1 Kommentar
  • Petra Scheffer
    August 11, 2015

    Liebe Claudia! Da hast du eine wahre Odyssee hinter dir im letzten Jahr! Zum Glück alles nur Fehlalarm und behebbare Sachen. Ich hoffe sehr, dass es so bleibt und drücke dir die Daumen! Zahntechnisch scheinen wir ja im gleichen Level zu sein 🙂 Dass dir das Essen solche Schwierigkeiten macht, ist natürlich eine große Einschränkung. Leicht ist das sicher auch nicht. Dennoch kannst du wenigstens noch mal was "gescheits" essen. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist. Mein Ziel ist es ja auch irgendwann mal die PEG los zu werden, aber ich glaube nicht, dass das passiert. Zu hause ist das sicher alles kein Problem, aber für Unterwegs und Urlaub habe ich noch keine Lösung. Wie machst du das im Urlaub oder wenn du verreist? Sonnige Grüße aus der Lausitz, Petra

  • Claudia Braunstein
    August 11, 2015

    Liebe Petra, ja, wenn ich so nachdenke, dann waren da ein par aufregende Zeiten dabei, aber es hat wirklich das Positiv überwogen, so dass dieser ganze hässliche Kram in den Hintergrund trat. Die Esserei ist halt leider bescheiden, aber ich möchte ugern öffentlich jammern, das entspricht nicht meinem Naturell, auch wenn es von Zeit zu Zeit wirklich unglaublich nervt und auch traurig und betrübt macht. Das mit der PEG ist so eine Sache, auch bei mir war die Prognose, dass ich so möglicherweise als Haupternährungsquelle behalten werde. Ich konnte mich damit nicht abfinden und habe wirklich sehr darum gekämpft und wie man sieht es hat gewirkt. Was nicht heißt, das das bei jedem funktioniert, es kommt immer auf die körperliche Funktion und Situation darauf an. Ich war auch mit der PEG unterwegs, sehr wenig, weil ich damals körperlich sehr, sehr schwach war. Aber ich bin sogar einmal nach Wien zu meiner Tochter gefahren, da hatte ich den Koffer voll mit Sondennahrung, die ich mir über eine Alexanderspritze verabreicht habe. Das hat gut funktioniert, aber Genuss hat man keinen. Wenn ich heute verreise, das tue ich sehr oft, dann schau ich immer schon vorab, dass ich in Lokale gehe, die etwas auf der Karte haben, Tatar, Mousse, Parfait und solche Sachen oder ich kaufe mir Joghurt, Aufstriche oder Hummus. Dicke Suppen gehen zur Not immer. Alles Liebe, Claudia

  • Anonym
    August 11, 2015

    Liebe Claudia,
    ich wünsche Dir an diesem so besonderen Tag für das fünfte Jahr noch mehr Positives! Und ich bin sicher, dass Du genau das schaffen wirst – weil es Dir entspricht 🙂
    Herzlich, Mimi

  • Danii
    August 11, 2015

    Liebe Claudia,
    ich verfolge Deinen Blog ja schon eine ganze Zeit und ich möchte Dir mal endlich meine Hochachtung zollen, mit welcher positiven Herangehensweise Du Dich den Problemen stellst. Ich drücke Dir ganz doll die Daumen, dass das mit Deiner Zahnsanierung klappt und Du dann auch wieder mehr Genuss am Essen hast. Dir weiterhin viel Spaß beim Bloggen
    viele liebe Grüße Danii

  • Claudia Braunstein
    August 13, 2015

    Liebe Mimi, ich bin mir ganz sicher, dass ich auch dieses Jahr mit wenig Hoppalas hinter mich bringe. 5 Jahre sind ja nur ein fiktiver Anhaltspunkt, ich fühle mich ja schon lange gesund. Liebe Grüße Claudia

  • Claudia Braunstein
    August 13, 2015

    Liebe Danii, herzlichen Dankfür deine netten Worte und Wünsche. Ja, auch diese Zahnmisere wird irgendwann zu Ende sein. Liebe Grüße Claudia